Dr. Darcy Harris

Hinterbliebene erleben oft großen sozialen Druck sich in der Trauer entsprechend gesellschaftlicher Normen zu verhalten. Diese Normen wirken sich auf das Erleben von Trauer, statt unterstützend, meist eher einengend aus.

Dieser Beitrag untersucht die Trauer in westlichen Gesellschaften1, indem er mit Hilfe der kritischen Theorie die zugrunde liegenden Strukturen und Werte analysiert, die Teil des sozialen Systems sind. Die kritische Theorie untersucht soziale Normen und Bedingungen, um die Unterdrückung in unterschiedlichen Zusammenhängen zu erkennen und hervorzuheben. In diesem Artikel werden die sozialen Regeln untersucht, welche für den Ausdruck von Trauer gelten. Es wird aufgezeigt, dass soziale Bindungen, Angst vor sozialer Ausgrenzung und Scham gewichtigen Einfluss auf die Einhaltung der sozialen Regeln haben. Besprochen wird auch, wie grundlegende Annahmen und Werte westlicher Gesellschaften Einfluss darauf haben, welche Reaktionen und Verhaltensweisen von Trauernden erwartet werden. Anschließend wird überprüft, welche Schlussfolgerungen sich daraus für klinisch tätige Fachkräfte ergeben, die mit sterbenden oder trauernden Menschen arbeiten.

Harris, Darcy (2009-2010): „Oppression of the bereaved: A critical analysis of grief in western society”, in: Omega, Vol. 60, Nr. 3, S. 241-253.

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1 Der Ausdruck „westliche Gesellschaften“ beschreibt eine industrielle Gesellschaft, welche kapitalistisch und marktwirtschaftlich ausgerichtet ist. Da Industrialisierung und Kapitalismus üblicherweise mit Ländern in Westeuropa und Nordamerika in Verbindung gebracht werden, wird der Begriff „westlich“ oft allgemein auf diese Länder bezogen. Doch mittlerweile haben andere Länder in unterschiedlichen Regionen der Erde kapitalistische Werte in ihre sozialen Strukturen integriert. Daher bezieht sich dieser Artikel auf einen als „westlich“ bezeichneten philosophischen Standpunkt und beschränkt sich nicht auf einen bestimmten geografischen Raum, eine bestimmte Kultur oder ethnische Gruppe.