Rita Rosner, Jörn Rau, Anette Kersting, Winfried Rief, Regina Steil, Anna-Maria Rummel, Anna Vogel, Hannah Comtesse 

Bedeutung: Die anhaltende Trauerstörung (ATS) wurde als neue Diagnose in die internationalen Klassifikationssysteme aufgenommen. Behandlungen mittels kognitiver Verhaltenstherapie sind am wirksamsten, aber es gibt kaum Vergleiche mit anderen Therapieformen.

Zielsetzung: Es wird untersucht, ob die integrative kognitive Verhaltenstherapie für anhaltende Trauer (PG-CBT) der Gegenwartszentrierten Therapie (PCT) überlegen ist. 
Design, Setting und Teilnehmer: Es handelte sich um eine klinische, multizentrische Doppelblindstudie (stratifiziert nach Zentrum und Beziehung zum Verstorbenen). Die Teilnehmenden wurden im Zeitraum von April 2017 bis Mai 2022 rekrutiert. Das Setting umfasste vier Universitätsambulanzen in Deutschland. Die teilnahmeberechtigten Personen waren zwischen 18 und 75 Jahre alt. Sie wiesen eine ATS auf, die mittels Prolonged Grief Disorder 13 (PG-13) Interview diagnostiziert wurde. Die Teilnehmenden wurden im Verhältnis 1:1 per Zufall der PG-CBT Gruppe und PCT Gruppe zugeteilt. 
Interventionen: PG-CBT fokussierte auf das Erleben des schlimmsten Moments des Verlusts und der kognitiven Umstrukturierung von dysfunktionalen trauerbezogenen Gedanken anhand von lösungsorientierten und erlebnisorientierten Methoden (z. B. „Walk to the grave“-Übung). Die PCT wurde in Bezug auf Sitzungsdauer und -anzahl an die PG-CBT angepasst und fokussierte auf eine unterstützende Beziehung und die Bewältigung von Alltagsproblemen, die durch den Verlust oder die Trauerreaktionen entstanden sein könnten. 
Hauptergebnisse und Messgrößen: Alle Daten wurden zu Beginn, direkt nach der Behandlung und 12 Monate nach der Zuteilung bei der Nachuntersuchung erfasst. Das primäre Ergebnis bestand in einer verblindeten Bewertung des PG-13-Schweregrads bei der Nachuntersuchung. Die sekundären Ergebnisse umfassten selbstberichtete depressive, somatische sowie insgesamt psychopathologische Symptome. 
Ergebnisse: Von den 544 behandlungsbedürftigen Trauernden kamen 212 Personen für die Studie infrage (mittleres [SD] Alter, 51,8 [13,3] Jahre; 173 weiblich [82 %]). Bei ihnen wurde eine ATS mittels PG-13-Interview diagnostiziert. Sie wurden dann per Zufall der PG-CBT und PCT zugeteilt (n = 106 in jeder Behandlung). In der Intention-to-treat-Analyse führten beide Behandlungen zu einer starken Verringerung des Schweregrads der ATS bei der Nachuntersuchung (PG-CBT: Cohen d = 1,64; 95% CI, 1,31-1,97; PCT: Cohen d = 1,38; 95% CI, 1,09-1,66). Direkt nach der Behandlung zeigten die Teilnehmenden der PG-CBT Gruppe eine signifikant stärkere Verringerung des Schweregrads der ATS im Vergleich zu den Teilnehmenden der PCT Gruppe (Cohen d = 0,31; 95% CI, 0,03-0,57). Bei der Nachbeobachtung war dieser Effekt nur auf einem Trendniveau sichtbar (Cohen d = 0,28; 95% CI, -0,02 bis 0,57), während die Teilnehmenden der PG-CBT-Gruppe signifikant weniger depressive und insgesamt psychopathologische Symptome aufwiesen. Dreiundzwanzig Teilnehmende (20 %) brachen die PG-CBT-Behandlung ab. 17 Teilnehmende (16 %) brachen die PCT ab.
Schlussfolgerung und Bedeutung: Diese randomisierte klinische Studie zeigt, dass PG-CBT der PCT direkt nach der Behandlung und bei der Nachuntersuchung in Bezug auf komorbide Symptome überlegen war. Beide Behandlungen erwiesen sich als wirksam und geeignet. Sie könnten beide angeboten werden, wodurch die Patienten mehr Auswahl hätten. 

Rosner, R.; Rau J.; Kersting, A.; Rief W.; Steil, R.; Rummel, A.M.; Vogel, A.; Comtesse, H. (2025). Grief-Specific Cognitive Behavioral Therapy vs Present-Centered Therapy: A Randomized Clinical Trial. JAMA Psychiatry, Vol. 82, Nr. 2, S. 109-117. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2024.3409 

Bei Interesse am gesamten Artikel wenden Sie sich an Hildegard Willmann (h.willmann@trauerforschung.de) und nennen Sie Autor*innen, Jahr und den englischsprachigen Titel der Veröffentlichung.