Dr. Junmei Miao Jonasson, Dr. Arna Hauksdottir, Szilard Nemes et al.
Ziel der Studie ist die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen der Kommunikation von Ehepaaren vor dem Krebstod der Ehefrau und den Schuldgefühlen und dem Bedauern der Witwer nach dem Tod der Ehefrauen. Hierfür wurden Daten einer Bevölkerungsstichprobe ausgewertet.
Methode: Für die Untersuchung wurden Männer (n = 907), welche jünger als 80 Jahre alt waren und in Schweden lebten und deren Ehefrau an einer Krebserkrankung verstorben war, 4–5 Jahre nach dem Verlust gebeten, einen Fragebogen zu bearbeiten und anonym zurückzusenden. Er fragte zum einen danach, ob und inwieweit das Ehepaar in den drei letzten Lebensmonaten der Ehefrau über die Themen Sterben, Tod und Trauer redeten. Weiterhin enthielt er Fragen zum Erleben von Schuldgefühlen und Bedauern des Witwers in den ersten sechs Monaten nach dem Tod der Ehefrau.
Ergebnisse: Männer, die in den letzten drei Monaten vor dem Tod ihrer Ehefrauen mit diesen nicht über den bevorstehenden Tod gesprochen hatten, hatten ein höheres Risiko Schuldgefühle zu erleben, als Männer, welche darüber sprachen (relatives Risiko (RR)1 von 2.0, bei einem 95%-Konfidenzintervall (KI)2 zwischen 1.2-3.4). Männer, welche nicht so viel Zeit mit ihren Frauen verbringen konnten, wie sie dies gerne getan hätten, hatten ein doppelt so hohes Risiko, Schuldgefühle zu entwickeln, als Männer, die ausreichend Zeit hatten (RR = 2.0, bei einem 95%-KI = 1.5-2.7). Männer, welche mit ihren Frauen nicht darüber gesprochen hatten, wie sie den Tod praktisch und emotional bewältigen würden, hatten verglichen mit Männern, welche darüber sprachen, ein erhöhtes Risiko Schuldgefühle zu erleben (RR = 1.8, bei einem 95%-KI = 1.0-3.0; im Vergleich zu RR = 1.7, bei einem 95%-KI = 1.0-2.9). Männer, welche feststellen mussten, dass es zu spät war, über den bevorstehenden Tod zu sprechen, hatten ein erhöhtes Risiko für Schuldgefühle (RR 4.3, 95% KI 2.9-6.6). Männer, welche dachten, dass sie nicht alles zum Abschluss bringen konnten, bevor ihre Frau starb, hatten ein 3.3fach erhöhtes Risiko für Schuldgefühle (RR = 3.3, bei einem 95%-KI von 1.7-6.4).
Schlussfolgerung: Männer, welche in den letzten drei Lebensmonaten mit ihrer an Krebs erkrankten Ehefrau nicht über den herannahenden Tod und damit verbundene Themen sprachen, haben ein deutlich höheres Risiko, Schuldgefühle zu erleben oder Dinge zu bereuen als Männer, welche solche Gespräche geführt haben.
Jonasson, Junmei Miao; Hauksdottir, Arna; Nemes, Szilard; Surkan, Pamela J.; Valdimarsdottir, Unnur; Onelöv, Erik; Steineck, Gunnar (2011): „Couples’ communication before the wife’s death to cancer and the widower’s feelings of guilt or regret after the loss - A population-based investigation“, in: European Journal of cancer, Vol. 47, Nr. 10, S. 1564-1570.
Die komplette Arbeit ist zu finden:
Bei Interesse am gesamten englischsprachigen Artikel wenden Sie sich bitte an h.willmann@trauerforschung.de
1 Anmerkung der Redaktion: Das relative Risiko ist ein Begriff der deskriptiven Statistik. Es drückt aus, um welchen Faktor sich ein Risiko (beispielsweise für eine Erkrankung) in zwei Gruppen unterscheidet. Ein Wert von 1,0 bedeutet, dass das Risiko in beiden Gruppen gleich ist, ein Wert von 2,0 bedeutet, dass das Risiko der einen Gruppe doppelt so hoch ist, wie das Risiko der anderen Gruppe.
2 Anmerkung der Redaktion: Das Ergebnis einer Stichprobe kann nicht einfach verallgemeinert werden, zu viele Einflüsse können verfälschend einwirken. Das Konfidenzintervall (Vertrauensbereich oder Vertrauensintervall) ist ein statistisches Maß, um anzugeben, wie wahrscheinlich es ist, dass ein bestimmter Wert, der aus einer Stichprobe gewonnen wurde, auch repräsentativ für die Gesamtbevölkerung ist. Das 95%-Konfidenzintervall gibt an, dass der gesuchte Wert mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% irgendwo innerhalb des Intervalls liegt. (siehe dazu: Jürgen Bortz (1989), Statistik für Sozialwissenschaftler, 3. Auflage, Berlin (u.a.))