Liadh Timmins, Alexandra Pitman, Michael King, Wei Gao, Katherine Johnson et al.  

Hintergrund: Studienergebnisse deuten darauf hin, dass homosexuelle und bisexuelle Menschen stärker unter einem Verlust leiden. Bisher wurde dies jedoch epidemiologisch nicht untersucht. In dieser Studie wurden die Trauererfahrungen von Personen verglichen, die entweder eine*n gleichgeschlechtliche*n oder eine verschiedengeschlechtliche*n Partner*in verloren haben.

Methoden: An dieser bevölkerungsbezogenen Querschnittsstudie nahmen Personen teil, die 6-10 Monate zuvor eine*n Lebenspartner*in verloren hatten. Die Daten wurden mittels logistischer und linearer Regression ausgewertet. Folgende Ergebnisse waren von Interesse: (1) Positives Screening beim Inventory of Complicated Grief (ICG), (2) Positives Screening beim General Health Questionnaire (GHQ), (3) Trauerintensität (ICG) und (4) psychiatrische Symptome (GHQ-12).
Ergebnisse: Unter den 233 Personen, die eine*n gleichgeschlechtlichen Partner*in verloren haben, und den 329 Personen, die eine*n verschiedengeschlechtlichen Partner*in verloren haben, wiesen 66,1% [95% Konfidenzintervall (KI) 60,0-72,2] bzw. 59,2% [95% KI (53,9-64,6)] einen positiven ICG-Screeningtest für komplizierte Trauer auf, während 76,0% [95% KI (70,5-81,5)] bzw. 69,3% [95% KI (64,3-74,3)] einen positiven Screeningtest beim GHQ-12 aufwiesen. Bei den gleichgeschlechtlich trauernden Partner*innen trat nicht signifikant häufiger ein positives Testergebnis für komplizierte Trauer auf als bei den verschiedengeschlechtlichen Partner*innen [adjustierte Odds Ratio (aOR) 1,56, 95% CI (0,98-2,47)], p = 0,059. Doch gleichgeschlechtlich trauernde Partner*innen wiesen signifikant häufiger ein positives Testergebnis für psychiatrische Symptome auf [aOR 1,67 (1,02, 2,71), p = 0,043]. Ebenso wurde kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Geschlecht des Partners/der Partnerin und der Intensität der Trauer festgestellt [B = 1,86, 95% CI (-0,91-4,63), p = 0,188], aber eine signifikant größere psychische Belastung für gleichgeschlechtliche Partner*innen [B = 1,54, 95% CI (-0,69-2,40), p < 0,001].
Schlussfolgerungen: Die trauernden gleichgeschlechtlichen Partner*innen wiesen signifikant stärkere psychische Belastungen auf. In Anbetracht ihrer schlechteren subklinischen psychischen Gesundheit sollten Fachkräfte in Kliniken und Beratungseinrichtungen die Screening-Verfahren verfeinern, um diejenigen sicher identifizieren zu können, deren Risiko zur Entwicklung eines schwierigen Trauerverlaufs erhöht ist.

Timmins, L.; Pitman, A.; King, M.; Gao, W.; Johnson, K.; Yu, P.; . . . Harding, R. (2022). Does the impact of bereavement vary between same and different gender partnerships? A representative national, cross-sectional study, in: Psychological Medicine, S. 1-9. doi:10.1017/S0033291722000496

Bei Interesse am gesamten Artikel wenden Sie sich an h.willmann@trauerforschung.de

Linktipp:
Trauer in Zeiten
von COVID-19

 www.gute-trauer.de


Buchtipps:

Trauerforschung - Basis für praktisches Handeln

Mehr Infos zum Buch/bestellen

 

Trauer: Forschung und Praxis verbinden

Mehr Infos zum Buch/bestellen