Christina Hanauer, Berit Telaar, Antonia Barke, Rita Rosner, Bettina Doering

Hintergrund: Wissen über psychische Störungen (mental health literacy, MHL) unter Laien trägt dazu bei, dass sich Menschen bei Problemen angemessene Unterstützung suchen. Die anhaltende Trauerstörung (PGD) ist eine relativ neue Diagnose. Im Rahmen von MHL ist wenig über sie bekannt. Da Trauer ein normales Phänomen ist, kann es für Laien schwierig sein, eine mögliche PGD zu erkennen. Die Wahrnehmung, dass jemand Unterstützung bräuchte, könnte bei Laien allein vom Trauerausdruck und der Intensität bestimmt sein. Wir haben untersucht, ob das Geschlecht der trauernden Person und deren Beziehung zur verstorbenen Person bei Laien Einfluss darauf hat, ob sie meinen, dass eine PGD vorliegt und welche Behandlung Laien Menschen, die unter PGD leiden könnten, empfehlen.

Methoden: Den Studienteilnehmenden aus Deutschland (n = 369) wurde nach dem Zufallsprinzip eine von vier Vignetten vorgelegt. Die Vignetten unterschieden sich hinsichtlich des Geschlechts der trauernden Person (männlich oder weiblich) und der Beziehung zur verstorbenen Person (Kind oder Elternteil). Die Teilnehmenden sollten angeben, ob die dargestellte Person ihrer Meinung nach unter einer PGD litt und welche Be-handlung sie empfehlen würden. Zusätzlich sollten die Teilnehmenden angeben, inwieweit sie bestimmten positiven und negativen Aussagen über die PGD zustimmten.
Ergebnisse: Weder das Geschlecht noch die Beziehung zur verstorbenen Person beeinflussten die diagnostische Einschätzung und Behandlungsempfehlung der Laien. Wenn die Teilnehmenden der Ansicht waren, dass eine psychische Störung vorlag, empfahlen sie am häufigsten Trauerberatung, gefolgt von Psychotherapie und Selbsthilfegruppen. Die Einstellungen gegenüber einer PGD war mehrheitlich positiv.
Limitation: Die Studie sollte mit einer repräsentativen Stichprobe repliziert werden, um die vorliegenden Ergebnisse bestätigen zu können.
Schlussfolgerung: Die meisten Laien erkannten die PGD als psychische Störung an und empfahlen Menschen, sich Hilfe zu suchen. Da nur die Psychotherapie eine evidenzbasierte Behandlung der PGD bietet, sollte Wissen über verschiedene Behandlungsmöglichkeiten und deren Wirkung stärker in der Öffentlichkeit verbreitet werden.

Hanauer, C.; Telaar, B.; Barke, A.; Rosner, R.; Doering, B. K. (2024). Understanding laypersons’ perceptions of pathological grief and their support recommendations in a German sample. Journal of Affective Disorders Reports, Vol. 16. https://doi.org/10.1016/j.jadr.2024.100784

Den Artikel finden Sie online unter https://www.researchgate.net/publication/379783306_Understanding_laypersons'_perceptions_of_pathological_grief_and_their_support_recommendations_in_a_German_sample oder wenden Sie sich an Hildegard Willmann (h.willmann@trauerforschung.de) und nennen Sie Autor*innen, Jahr und den englischsprachigen Titel der Veröffentlichung.

Linktipp:
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 www.gute-trauer.de


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