Pål Kristensen, Kari Dyregrov, Atle Dyregrov, Trond Heir
Hintergrund: Nach terroristischen Attentaten kann die Berichterstattung in den Medien zu einer zusätzlichen Belastung für trauernde Familien werden. In dieser Studie war es unser Ziel, das Ausmaß an Komplizierter Trauer bei Eltern und Geschwistern zu untersuchen, die bei einem terroristischen Anschlag eine Person verloren haben. Weiterhin fragten wir uns, ob es einen Zusammenhang zwischen der Medienpräsenz und der Ausprägung von Komplizierter Trauer gibt.
Methodik: 103 Personen wurden bei dieser Studie befragt. Es waren die Eltern und Geschwister aus 42 Familien, die im Jahr 2011 bei dem Massenmord auf der Ferieninsel Utøya einen Angehörigen verloren hatten. Die Befragung wurde 18 Monate nach dem Verlust durchgeführt. Erhoben wurde zum einen, wie die Trauernden das Ausmaß an Medienpräsenz erlebten. Zum anderen wurde mit Hilfe des Inventory of Complicated Grief (ICG) die Ausprägung von Komplizierter Trauer erfasst. Die Auswertung der Daten erfolgte durch verschiedene Datenanalyseverfahren (Mehrebenenanalyse, Gemischtes Modell).
Ergebnisse: 78.6 % aller Befragten (d.h. 81 von 103 Personen) wiesen beim ICG sehr hohe Gesamtwerte auf. Sie deuten zu diesem Zeitpunkt auf eine Komplizierte Trauerstörung hin. Die Mehrebenenanalyse ergab, dass diejenigen Teilnehmer signifikant höhere Belastungswerte aufwiesen, die weiblich sind, während des Massakers in telefonischer Verbindung mit dem Angehörigen (Sohn/ Tochter/ Bruder/ Schwester) standen und sich im ersten Monat nach dem Ereignis häufig (4 Stunden täglich) mit der Berichterstattung in den Medien konfrontiert hatte.
Einschränkungen: Aufgrund des Studiendesigns (Querschnittsstudie) sollte man mit kausalen Schlussfolgerungen vorsichtig sein.
Schlussfolgerung: Sind Betroffene starker Medienpräsenz ausgesetzt, kann dies zu Komplizierter Trauer führen oder diese aufrechterhalten.
Kristensen, Pål; Dyregrov, Kari; Dyregrov, Atle; Heir, Trond (2016): “Media Exposure and Prolonged Grief: A Study of Bereaved Parents and Siblings After the 2011 Utøya Island Terror Attack”, in: Psychological Trauma: Theory, Research, Practice, and Policy. Advance online publication. http://dx.doi.org/10.1037/tra0000131.
Bei Interesse am gesamten englischsprachigen Artikel wenden Sie sich bitte an h.willmann@trauerforschung.de