Stephana J. Moss, Krista Wollny, Therese G. Poulin, Deborah J. Cook, Henry T. Stelfox, Amanda Roze des Ordons, Kirsten M. Fiest

Hintergrund: Pflegende Angehörige von schwerkranken Patienten, die auf der Intensivstation liegen, leiden unter den Erfahrungen, die sie dort gemacht haben. Das Leid verstärkt sich nach dem Eintritt des Todes. Es gibt trauerspezifische Interventionen, die Angehörigen dabei helfen sollen, das Erlebte besser zu verarbeiten. In dieser Studie fassen wir die Ergebnisse diesbezüglicher Wirkungsforschungsstudien zusammen.

Datenbanken: Wir suchten in den Datenbanken MEDLINE, EMBASE, CINAHL und PsycINFO nach Artikeln, die bis 1. Oktober 2020 veröffentlicht wurden.
Studienauswahl: Es wurden nur randomisierte kontrollierte Studien zu trauerspezifischen Interventionen ausgewertet. Sie mussten die Unterstützung pflegender Angehöriger von erwachsenen Patienten, die auf der Intensivstation verstorben sind, zum Ziel haben.
Datenextraktion: Zwei Gutachter werteten unabhängig voneinander die ausgewählten Studien aus. Es wurde eine narrative Synthese durchgeführt. Datenzusammenfassung: Das dreistufige Modell des britischen National Institute for Health and Clinical Excellence diente als Rahmen für die Einteilung der trauerspezifischen Interventionen. So richten sich die Interventionen nach dem Bedarf: (1) Allgemeine Informationen für alle Hinterbliebenen. (2) Gezielte, semi-professionelle Unterstützung für Personen, die möglicherweise besondere Unterstützung im Verlauf des Verarbeitungsprozesses benötigen und/oder (3) Unterstützung durch professionelle Therapeuten für Personen, die ein hohes Risiko für die Entwicklung eines problematischen Trauerverlaufs aufweisen. Als Vergleich für die Bewertung der Wirkeffekte dienten die Werte aus Wirkungsforschungsstudien von Erwachsenen, die einen Angehörigen durch Krankheit verloren haben.
Ergebnisse: Es wurden drei Studien ausgewertet, die die trauerspezifischen Interventionen von 31 Intensivstationen in 26 Krankenhäusern einbezogen. Eine Studie untersuchte, wie es sich auf die Angehörigen auswirkt, wenn sie bei der Feststellung des Hirntods dabei sind. Den Angehörigen wurde bedarfsgerechte Unterstützung angeboten. Doch es zeigte sich keine signifikante Verbesserung der emotionalen oder psychischen Belastung. Zwei weitere Studien untersuchten die Effekte eine Intervention, die die Versendung von Kondolenzbriefen vorsah. Diese konnte die Trauersymptomatik nicht verringern, möglicherweise verstärkte sie die Symptome von Depressionen und posttraumatischer Belastungsstörung. Abschließend ging es noch um die Effekte einer Intervention, die das Sprechen über das Erlebte vorsah. Auch hier zeigten sich keine signifikanten Verbesserungen bei Angstzuständen, Depressionen, posttraumatischen Belastungen oder komplizierter Trauer. Vier von neun trauerspezifischen Aspekten wurden beim follow-up Gespräch nicht mehr erfasst.
Schlussfolgerung: Die derzeit verfügbaren Studienergebnisse sind spärlich und unterstützen nicht den Einsatz von trauerspezifischen Interventionen bei pflegenden Angehö-rigen, deren Bezugsperson auf der Intensivstation verstorben ist.

Moss, S. J.; Wollny, K.; Poulin, T. G.; Cook, D. J.; Stelfox, H. T.; Roze des Ordons, A.; Fiest, K. M. (2021): „Bereavement interventions to support informal caregivers in the intensive care unit: a systematic review”, in: BMC Palliative Care 20, 66, https://doi.org/10.1186/s12904-021-00763-w

Sie finden den gesamten Artikel online unter: https://bmcpalliatcare.biomedcentral.com/arti-cles/10.1186/s12904-021-00763-w oder wenden Sie sich an heidi.mueller@trauerforschung.de

Linktipp:
Trauer in Zeiten
von COVID-19

 www.gute-trauer.de


Buchtipps:

Trauerforschung - Basis für praktisches Handeln

Mehr Infos zum Buch/bestellen

 

Trauer: Forschung und Praxis verbinden

Mehr Infos zum Buch/bestellen