Dr. Camille Wortman, Dr. Kathrin Boerner

Zusammenfassung der Einleitung1:

Über viele Jahre hinweg haben die Autorinnen wiederholt allgemein verankerte Annahmen über Trauer systematisch untersucht. Hierfür analysierten sie die wichtigsten Theorien über Trauer, untersuchten Fachbücher, Zeitschriftenartikel, Ratgeber und autobiografische Bücher über Trauer.

Dabei kristallisierten sich die folgenden Annahmen heraus:

Von Hinterbliebenen wird erwartet, dass sie nach einem bedeutenden Verlusterlebnis großen Kummer zeigen. Wenn sie diesen Kummer nicht erleben, wird dies als Anzeichen für eine problematische Entwicklung angesehen.

Dabei wird ausdrücklich davon ausgegangen, dass während dieser Zeit keine positiven Gefühle auftreten können. Drücken Hinterbliebene positive Gefühle aus, werden sie eher als Anzeichen dafür angesehen, dass der Hinterbliebene seinen Kummer verleugnet oder überspielt.

Nach einem bedeutsamen Verlust muss der Hinterbliebene sich seinen Gefühlen stellen und sie “durcharbeiten”. Versuche, diese Emotionen zu vermeiden oder zu verleugnen gelten als langfristig schädlich.

Es ist wichtig, dass Hinterbliebene ihre Bindung zum Verstorbenen lösen.

Innerhalb von ein bis zwei Jahren wird der Hinterbliebene die Verarbeitung des Verlustes abschließen können, sich vom Verlust erholen und zu seiner früheren Funktionsfähigkeit zurückkehren können.

Da diese Annahmen über den Trauerprozess tief in der westlichen Kultur verankert zu sein schienen, war es naheliegend davon auszugehen, dass die zur Verfügung stehenden empirischen Daten diese unterstützen würden. Doch eine Auswertung des jeweiligen Forschungsstandes konnte keine dieser Annahmen bestätigen.
Mittlerweile gibt es im Bereich Trauerforschung sehr viel mehr empirisch gesichertes Wissen und theoretische Entwicklungen und infolge dessen haben sich auch einige der vorherrschenden Ansichten darüber verändert, wie Menschen den Verlust eines wichtigen Menschen verarbeiten. Auch diese Entwicklung greifen die Autorinnen in diesem Kapitel auf.
Der erste Teil des Kapitels bietet eine kurze Zusammenfassung der einflussreichsten Theorien über Trauer. Manche von ihnen haben zur Entstehung der Trauermythen beigetragen, während andere dabei halfen, neue Fragen über den Trauerprozess zu stellen.
Der zweite Teil geht auf die Trauermythen ein, fasst die derzeit verfügbaren empirischen Belege zusammen und zeigt auf, wie sich das Denken zum Thema Trauer im Laufe der Zeit und dank wissenschaftlicher Evidenz verändert hat.
Der letzte Teil diskutiert die Relevanz für Wissenschaftler, Praktiker aber auch für Trauernde und deren soziales Umfeld.

Wortman, Camile B., Boerner, Kathrin (2007): „Beyond the myths of coping with loss: Prevailing assumptions versus scientific evidence”, S. 285-324, in: Friedman, H. S., Silver, R. C. (Hrsg.), Foundations of health psychology, New York: Oxford University Press. (http://www.psychology.sunysb.edu/cwortman-/papers/Wortman_Boerner.pdf)

1 Diese Zusammenfassung enthält nur Teile aus der Originaleinleitung des Buchkapitels.

Die komplette Arbeit ist zu finden:
http://www.psychology.sunysb.edu/cwortman-/papers/Wortman_Boerner.pdf

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