George A. Bonanno, Matteo Malgaroli

Hintergrund: Derzeit enthält sowohl das Klassifikationssystem DSM-5 (Persistent Complex Bereavement Disorder, PCBD) als auch die ICD-11 (Prolonged Grief Disorder, PGD) Diagnosekriterien für prolongierte Trauer. Weiterhin intensiv diskutiert wird in dem Zusammenhang die Frage, welche der beiden Diagnosen sich besser für die klinische Anwendung eignet. Die vorliegende Langzeitstudie vergleicht erstmals, inwieweit sich PCBD und PGD dafür eignen, Veränderungen im Trauerverlauf zu erfassen und das Ergebnis des Trauerprozesses abzubilden.

Methoden: Für die Studie wurden 282 Personen befragt, deren Ehepartner vor kurzer Zeit verstorben ist. Sie nahmen drei, 14 und 25 Monate nach dem Verlust an einem strukturierten klinischen Interview teil, bei dem die Symptomatik einer PCBD und PGD erfasst wurde. Weiterhin wurden Fragebögen zur Messung der Depressivität und der allgemeinen Funktionsfähigkeit eingesetzt. Die psychische Belastung wurde vom Interviewer eingeschätzt.
Ergebnisse: Mithilfe des Growth Mixture Models konnten sowohl für PCBD als auch für PGD Trauerverläufe abgebildet werden. Für beide Diagnosen zeigten sich drei Verläufe: ein resilienter Trauerverlauf, ein Verlauf, der eine moderate Verbesserung der Symptomatik aufwies und ein Verlauf, innerhalb dessen die Symptomatik gleichbleibend auf hohem Niveau anhielt. Im Zusammenhang mit der PGD zeigten sich zudem zwei weitere Verlaufsformen: eine anhaltende und stärker werdende Symptomatik sowie eine akute hohe Symptomatik, die stark nachlässt. Die stärkere Differenzierung der Verläufe bei der PGD stimmte auch mit den Daten überein, die mittels der anderen Fragebögen erhoben wurden. So zeigten die Betroffenen mit anhaltender und stärker werdender Trauersymptomatik auch die höchste seelische Belastung.
Schlussfolgerungen: Die Kriterien der PGD erwiesen sich als differenzierter und waren besser in der Lage, störungswertige Trauer und Belastungen zu erfassen. Zudem konnten sie die langfristigen Veränderungen besser abbilden.

Bonanno, George A.; Malgaroli, Matteo (2020): „Trajectories of grief: Comparing symptoms from the DSM-5 and ICD-11 diagnoses“, in: Depression & Anxiety, Vol. 37, Nr. 1, S. 17-25.

Bei Interesse am gesamten Artikel wenden Sie sich bitte an h.willmann@trauerforschung.de oder laden Sie sich den Artikel herunter: https://www.researchgate.net/publication/332579249_ Trajec-tories_of_grief_Comparing_symptoms_from_the_DSM-5_and_ICD-11_diagnoses

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