Dennis Klass

Dieser Aufsatz ist die längere Version eines Kapitels aus dem Sammelband „Grief Experience: Cultural, Existential and Phenomenological Perspectives“, herausgegeben von Allan Køster und Ester Holte Kofod, (erscheint demnächst).

Der Sammelband entstand nach einem Symposium, das im Rahmen des Culture of Grief Research Projects an der dänischen Universität Aalborg stattfand. Der Sammelband und das Symposium stellen, wie ich glaube, eine wichtige Entwicklung in der Trauerforschung dar. Ein Dreivierteljahrhundert lang, nachdem Erich Lindemann 1944 behauptet hatte, dass Trauer am besten als psychiatrisches Syndrom verstanden werden kann, waren Psychiatrie und Psychologie die führenden Disziplinen bei der Erforschung von Trauer. Der Gegenstand ihrer Forschung waren die einzelnen Betroffenen. Häufig wurde der "Trauerprozess" als eine Abfolge vorprogrammierter emotionaler Phasen betrachtet, in denen sich der Einzelne an die Veränderungen anpasst, die der Tod in seinem sozialen Umfeld mit sich gebracht hat. Die zwischenmenschlichen und sozialen Interaktionen in der Trauer wurden häufig als "soziale Unterstützung" definiert. Die psychologische empirische Forschung von Robert Neimeyer und seinen Kollegen ist eigentlich ein Aufruf zur philosophischen Trauerforschung. Sie hat gezeigt, dass die Suche nach oder die Konstruktion von Sinn die Schlüsselvariable dafür ist, wie gut Menschen mit bedeutsamen Todesfällen zurechtkommen. Die Frage nach dem Sinn war in der Geschichte der östlichen wie auch westlichen Philosophie von zentraler Bedeutung. In der Philosophie ging es meist um die Unvermeidbarkeit unseres eigenen Todes, aber in letzter Zeit haben sich einige Philosophen dem Thema Verlust von Bezugspersonen und Trauer zugewandt. Ich danke den Philosophen, dass sie mich eingeladen haben, an ihren Diskussionen teilzunehmen. Dieser Aufsatz ist, wie ich meine, eine allgemeine Ausgangsbasis für den Beitrag der Philosophie zur Trauerforschung. Der Aufsatz vertritt die Ansicht, dass fortbestehende Bindungen eine nützliche Perspektive für die Trauerforschung darstellen, die auf der existenziellen und phänomenologischen Philosophie basiert. Erstens kann die Idee der fortdauernden Bindungen viele Phänomene der individuellen und familiären Trauer sowie die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen individueller/familiärer Trauer und den größeren sozialen/kulturellen Dynamiken erklären. Zweitens entdecken wir bei der Erforschung fortbestehender Bindungen Konzepte, die viele Gemeinsamkeiten mit denen der Phänomenologie und des Existentialismus aufweisen. Auf der Grundlage einiger meiner eigenen Forschungsarbeiten sowie denen vieler anderer ist dieser Aufsatz wie folgt strukturiert: Fortdauernde Bindungen sind 1.) intersubjektiv, 2.) zentral für die Konstruktion von Bedeutung, 3.) sie werfen Fragen zur ontologischen Verortung unserer Interaktionen mit den Toten auf und 4.) sie sind am besten in ihrem kulturellen Umfeld zu verstehen. Diese Gliederung entspricht den Themen, die Edith Marie Steffen und ich aus unserem 2018 erschienenen Sammelband über die Entwicklungen des Modells der fortbestehenden Bindungen in den zwei Jahrzehnten nach seiner Einführung herausgefiltert haben.

Sie finden den komplett auf Deutsch übersetzten Artikel hier als pdf oder wenden Sie sich an heidi.mueller@trauerforschung.de

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