Dr. M. Katherine Shear

Der Verlust eines nahestehenden Menschen ist ein sehr belastendes Lebensereignis, welches in der Regel schmerzhafte und beeinträchtigende akute Trauerreaktionen hervorruft. Im Allgemeinen setzt sich ein Prozess in Gang, welcher langfristig wieder in einem zufriedenstellenden, möglicherweise veränderten Leben mündet.

Im Normalfall bedarf Trauer keiner klinischen Intervention. In manchen Fällen kann sich die akute Trauer jedoch zu einem chronisch beeinträchtigenden Zustand verfestigen, welcher dann als Komplizierte Trauer bezeichnet wird. Außerdem erhöht die Belastung, die der Verlust mit sich bringt, genauso wie andere Stressoren, die Wahrscheinlichkeit, dass körperliche oder psychische Erkrankungen ausgelöst oder verschlimmert werden. Daher ist es bei manchen Trauernden wichtig, dass dies erkannt und behandelt wird. Bei der Einschätzung der psychischen Verfassung eines Trauernden besteht für den Arzt oder Psychotherapeuten sowohl die Gefahr einer Unter- als auch einer Überdiagnose. Das heißt, dass er entweder einen normalen Trauerprozess pathologisiert, indem er ihn als psychische Störung einstuft, oder dass er eine klinisch bedeutsame Störung nicht erkennt und nicht behandelt. Die Autoren des DSM IV konzentrierten sich in erster Linie auf das Problem der Überdiagnose und schlossen mangels empirischer Belege Komplizierte Trauer als Diagnose aus. Wir überdenken diese Überlegungen im Lichte neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse. Dabei konzentriert sich dieser Beitrag in erster Linie auf die Diskussion um eine mögliche Anerkennung von Komplizierter Trauer als neue Diagnose und deren dimensionaler Erfassung. Des Weiteren diskutieren wir Anpassungen in Bezug auf die V-Kodierung von Trauer und Verbesserungen hinsichtlich der Trauer-Ausschluss-Klausel in Bezug auf die Diagnose einer Major Depression (schwere depressive Episode) und anderer Störungen.

Shear, M. Katherine et al. (2011): „Complicated grief and related bereavement issues for DSM-5”, in: Depression and Anxiety, Vol. 28, Nr. 2, S. 103-117.

Die komplette Arbeit ist zu finden:
Bei Interesse am gesamten englischsprachigen Artikel wenden Sie sich bitte an h.willmann@trauerforschung.de

 

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